Themen-Startervegetarisch34 PostsweiblichHannoverLevel 2
Möwe schwer verletzt. Wie hättet ihr reagiert?29.05.2017Die Situation ist so ein verrückter Zufall gewesen, dass ich es hier mal erzählen möchte. Vor knapp 3 Jahren hatten mein Freund (er ist Vegetarier) und ich eine Diskussion, ob wir ein Tier töten würden, wenn wir es irgendwo verletzt sehen und wissen, dass man da nichts mehr machen kann, außer es zu erlösen.
Sein Standpunkt: Ja, um ihm das Leid zu ersparen.
Mein Standpunkt: Unsicher, da ich nicht weiß, ob ich in so einer Situation dazu in der Lage wäre. Ich war damals der Meinung, dass das Tier ja ohne uns auf natürlichem Wege gestorben wäre und dementsprechend es nur Glück wär, dass wir vorbei gekommen sind.
Und als wollte uns das Leben auf eine Probe stellen, standen wir vor genau so einer Situation.
Wir waren mit meinerm Vater, seiner Freundin und meiner Schwester im Urlaub. Die Tage am Strand waren enorm stürmisch und am 2.. Tag entdeckten wir eine Möwe auf dem Boden liegen. Wirkte erst wie tot. Doch dann bewegte sich der Kopf. Ich gleich gesagt, dass ich glaube, der lebt nocht. Freundin von meinem Vater meinte, das ist der Wind.
Bin dann näher hin. Und ja tatsächlich. Die Möwe bewegte den Kopf. Der Körper schien gelähmt zu sein (schätze Wirbelsäule war gebrochen). Dann standen wir dort und waren am Überlegen, was wir machen.
Bis auf meinem Freund und mir, essen alle Fleisch. Mein Vater gehört zu den Leuten, die gerne Fleisch essen, allerdings ein großer Tierfreund ist. Hat desöfteren schon verletzte Vögel wieder aufgepeppt, meiner Katze früher bei der Geburt geholfen, die Kittys aus der Fruchtblase zu holen, da sie es aus eigener Kraft nicht schaffte aufzureißen. Also der Typ Mensch, der nicht ohne Fleisch kann, aber sich sofort um verletzte Tiere kümmert und seine Haustiere sehr lieb hat. Meine Schwester ist sehr tierlieb aber kann niemanden leiden sehen. Also Doppelmoral. Und bei der Freundin meines Vaters...puh, also da habe ich manchmal das Gefühl, es fehlt ihr etwas an Emphatie (nicht böse gemeint, aber sie gibt uns immer das Gefühl, unseren veganer Lebensstil sei albern und das sie dafür nicht so richtig Verständnis hat).
Wir waren uns einig, das Leid zu beenden. Meine Schwester und die Freundin von meinem Vater sind gleich weggegangen, meinten, sie können sich das nicht ansehen. Und wir drei standen dort. Mein Freund holte zwei Holzbalken die im Sand lagen und legte sie unter und über dem Kopf der Möwe. Er und mein Vater beendeten sein Leid. Ich stand dabei. Mein Freund hatte danach Tränen in den Augen und mein Vater war auch sehr geknickt. Aber ich war irgendwie sehr stolz auf sie, dass sie den Mut aufgebracht haben, ihn zu erlösen. Zudem war ich ihnen sehr dankbar den Part übernommen zu haben. Sie mussten zwei mal auf die Balken treten, da es beim ersten Mal nicht klappte. Das wäre meine größte Angst gewesen, dass ich es mit meiner Kraft nicht schaffe und dem Tier nur mehr Leid zufüge. Zumal die Möwe auch nicht gerade klein war.
Eine schwere Situation, die uns noch den ganzen Tag schwer im Magen lag. Es ist eine schwere Entscheidung.
Früher habe ich noch argumentiert "Will nicht das Blut an meinen Händen kleben haben". Doch heute finde ich diese Einstellung von damals irgendwie egoistisch, weil es dabei ja nur darum geht, dass ich mich besser fühle...aber das Tier würde weiter leiden.
Eine harte Situation. Wie hättet ihr reagiert? Glaubt ihr wir haben richtig entschieden?
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29.05.2017Ich würde sagen:Ja! Ihr habt das Leiden lediglich abgekürzt.
Ich kenne eine vegane Tierärztin und auch sie schläfert Tiere ein(tötet also),bei denen es keine Hoffnung mehr gibt und sie sonst elendig zu Grunde gehen.
29.05.2017Ja,Dana. In solchen Fällen ist es meiner Meinung nach auch kein kaltblütiges Abschlachten eines Lebewesens, sondern die Erlösung aus einer sonst lange dauernden Qual.
@ Sabinia: wenn man sich vor Augen hält, wie alt dieses Zitat schon ist, dann weiß man auch, wie lange der Zusammenhang schon bekannt sein muss.
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vegan2.966 PostsweiblichLinzLevel 4Supporter
29.05.2017Bei einem Menschen wäre diese Hilfe (auf jeden Fall in Deutschland) verboten, selbst wenn dieser Mensch noch in der Lage wäre, selbstbestimmt seinen Sterbewunsch zu äußern. Stattdessen würde man ihm Palliativmedizin anbieten/aufzwingen. Bei einem Tier können wir noch nicht einmal wissen, was es möchte. Leid mindern, soweit möglich (vielleicht Tiernothilfe informieren?), ist auf jeden Fall richtig. Töten vielleicht, aber ich könnte es vermutlich nicht. In einem meiner Lieblingsbücher ("Bernsteinteleskop" aus der "His dark materials"-Trilogie von Philip Pullmann) wird die Frage, ob wir diese Entscheidung für jemanden treffen dürfen, der seine Wünsche nicht selbst äußern kann, eher ablehnend beantwortet.