Barfußschuhe: Abrüstung beim Schuhwerk
Bis vor kurzer Zeit habe ich im Alltag stark gedämpfte Sportschuhe getragen. Dass ich mal regelmäßig in Barfußschuhen herum laufen würde (wie ein Althippie mit Glöckchen um den Kopf), hätte ich mir nicht vorstellen können. Und doch ist es so.
Weil es so gesund sein soll, hatte ich früher aus Neugier schon mal Barfußschuhe ausprobiert. Damals war ich jedoch enttäuscht.
Ich fand sie total unbequem und bekam Kopfschmerzen wenn ich über harten Asphalt lief. Ich kam mir vor, als hätte man mir die Räder abgeschraubt.
Dass ich es später erneut ausprobierte, hatte folgende Gründe:
- Schon nach alltäglichen Erledigungen in meinen Sport-Sneakers bekam ich leichte Knieschmerzen. Nach Bergwanderungen waren die Schmerzen noch stärker.
- Mein Arzt empfahl mir orthopädische Einlagen, um diverse Fehlstellungen zu korrigieren und empfahl mir gymnastische Übungen und eine andere Gehweise, um ernsten Problemen vorzubeugen. Viel, viel Theorie für mich, der von Trockenübungen schwer zu begeistern ist.
- Dazu kam ein Fersensporn, der eigentlich vor allem bei Menschen mit starkem Übergewicht auftritt, aber auch bei Menschen mit großem Körperbau. Auch das machte mich nachdenklich.
Als mir Wippen auf den Fußballen und Barfußlaufen als Übung empfohlen wurde, um das Fußgewölbe zu stärken, musste ich wieder an meine Barfußschuhe denken, die ja bereits irgendwo im Schrank lagen.
Und dann wollte ich es ausprobieren: Helfen Barfußschuhe womöglich wirklich? Kann man sich ans Barfußlaufen gewöhnen?
(Für die Bilder hat Anna ihre neuen Barfußschuhe angezogen. Die gezeigten Schuhe sind vegan und wurden uns vom Hersteller Groundies ohne Auflagen zur Verfügung gestellt).
Bei Barfußschuhen handelt es sich um Schuhe mit sehr dünner Sohle und kaum vorhandenem Höhenunterschied zwischen Ferse und Vorderfuß ("Sprengung").
Statt den Fuß zu dämpfen und zu stabilisieren, bieten die Barfußschuhe einzig Schutz vor Dreck, spitzen Steinen und Feuchtigkeit. Es läuft sich darin etwa so, wie in festen Socken mit Gummisohle.
Manche Barfußschuhe sehen auch so aus. Doch wer Wert auf modische Schuhe legt, wird längst auch bei Barfußschuhen fündig. Es gibt sogar Barfußstiefel.
Barfußschuhe: Der Gang verändert sich
Der Unterschied wird beim Gehen deutlicher.
Statt mit der Ferse aufzutreten, habe ich nach kurzer Zeit intuitiv begonnen, mit dem Fußballen aufzutreten. So lässt sich der harte Boden viel besser wegfedern und die Kopfschmerzen, die ich von meinem ersten Versuch erinnere, bleiben aus.
Mein Fehler lag damals darin, genauso gehen zu wollen wir zuvor. Also mit der Ferse zuerst. Mir fehlte die Info, dass Barfußlaufen nicht nur "gehen ohne Schuhe" bedeutet, sondern auch "anders gehen".
Da Barfußschuhe keinen Absatz haben, wird die Ferse selbst kaum noch belastet. Das Gehen spielt sich im Alltag (auf hartem Boden) fast nur über den Vorderfuß ab, im sogenannten Ballengang bzw. Vorfußgang.
Natürlich führt das dazu, dass der Körper anders belastet wird als zuvor. In den ersten Tagen habe ich ganz neue Muskeln in den Beinen und im Po kennengelernt.
Durch den Ballengang wird das Gehen auf hartem Untergrund ganz automatisch sanfter. Die Schritte werden etwas kleiner. Man kann sich das auf Youtube anschauen.
Gleichwohl: Sobald der Boden weicher wird, bemerke ich, dass ich ohne drüber nachzudenken zum Fersengang zurückkomme. Eine Theorie dafür lautet, dass das auf weichem Boden die energiesparendere Gehweise sei.
Wahrscheinlich ist das der Grund, aus dem Hersteller überhaupt begonnen haben, ihre Schuhe mit Sprengung und Dämpfung aufzurüsten, sodass wir auf hartem Boden im Fersengang laufen können.
Barfußschuhe fördern und trainieren die Muskulatur
Auf Dauer kann die Entlastung in modernen Schuhen aber auch Fehlstellungen begünstigen, weil der Fußmuskulatur das Training fehlt. Und so haben sich weitere Hersteller etabliert, die sich eben auf die Abrüstung der Schuhe spezialisiert haben.
Vegane Barfußschuhe gibt's u.a. bei den folgenden Herstellern (vegan laut Materialkennzeichnung am Schuh):
Meine Knieschmerzen sind nach etwa 6 Monaten Barfußlaufens übrigens so gut wie verschwunden.
Inzwischen trage ich Barfußschuhe, wenn ich unterwegs bin. Ich merke, dass es mir gut tut und ich weniger Schmerzen habe. Dennoch ist es für mich keine Religion. Nichts, das ich all meinen Freunden aufquatschen müsste.
Aber: Wenn ihr manchmal Knieschmerzen oder eine der klassischen Fußfehlstellungen habt, dann probiert das Barfußlaufen doch mal ein paar Wochen aus. Mit oder ohne Schuhe.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig