Zitat Seelchen:
DAS ist bei mir immer und immer wieder mit einer ganz besonderen Freundin ein Thema. Ein leidvolles für mich. Denn es ist meine beste Freundin, mit der ich in baldiger Zukunft 40jähriges habe. Unfassbar in der heutigen Zeit. Sie ist so grundlieb, so ehrlich, so hilfsbereit. Wie gesagt - fast 40 Jahre innige Freundschaft, aber ihre Einstellung zum Thema vegan ist unterirdisch. Sie greift mich nicht an, lästert und mobbt auch nicht, aber sie fühlt sich von dem ganzen Thema vegan "bedrängt" durch die Tatsache, dass es DA ist. Unglaublich eigentlich.
Da sagt sie die Tage zu mir, dass sie es schon sehr anstrengend findet, beim Einkaufen nicht ständig vegane Produkte in die Hand zu kriegen. :oo
Ich habe sie gefragt, wie sie das meint.
Ja sagte sie, ich sehe was, was lecker ist, oder was ich brauche und was sehe ich? Das Veganzeichen. Schlimm. Man kann nichts mehr kaufen, was nicht vegan ist.
Ich habe ihr gesagt, dass vegane Lebensmittel doch nicht schlechter sind. Sie kann doch einen Saft oder Brot kaufen oder was auch immer, auch wenn da die Veganblume drauf ist. Aber sie nervt das, weil sie es als Zwang empfindet, sie glaubt, es würde ihr aufgedrängt. Sie möchte nicht vegan sein oder leben und folglich auch keine veganen Produkte kaufen.
Ja, sagte ich zu ihr. Jede Gurke oder Tomate oder Erdbeere oder was auch immer in dieser Richtung ist doch von Natur aus vegan. Da wusste sie dann nichts mehr drauf zu sagen.
Sie geht einfach total in Gegenwehr. Sie fühlt sich definitiv allein von den veganen Artikeln in den Regalen bedrängt.
Und ich habe mich ihr nie aufgezwungen. Habe das Thema nie zwischen uns zum Thema gemacht. Habe sie nie bekehren wollen. Im Gegenteil. Sie argumentierte von Beginn an gegen die vegane Ernährung mit ihrem "Wissen".
Das mit den Produkten ist wirklich übetrieben und es entspricht ja nicht mal der Realität. Die meisten Produkte haben aufgrund von billigeren Inhaltsstoffen unnötigerweise tierische Zutaten und wenn es nur das typische Milchpulver ist, was günstiger als Zucker ist. Vor allem waren die Sachen, die jetzt das Logo tragen, vorher auch schon vegan und es wurde nur nicht explizit gekennzeichnet. Man muss schon eine starke angelernte Abneigung gegen etwas haben, wenn man so reagiert und Dinge der Art nur konsumiert, wenn man sich dabei nicht bewusst ist, dass das vegan ist.
Es tut mir auf jeden Fall leid, dass du mit so einer Einstellung im engsten Freundeskreis konfrontiert bist. Vor allem, weil du sie ja eigentlich als lieb und hilfsbereit beschreibst. Genau bei solchen Charaktereigenschaften fehlt mir dann irgendwo das Verständnis, warum gerade diese Personen sich gegen etwas aussprechen, was allein dem Zweck dient Leid und Tod zu verhindern und ein Akt von Empathie und Respekt vor dem Leben ist.
Ich habe halt auch mehrere Freundinnen, die mit nem Mund voller Fleisch sagen würden, dass sie tierlieb sind, ohne die Ironie dabei zu verstehen. Und mir ist schon bewusst, dass ich da evtl. etwas hart mit ihnen ins Gericht gehe, da ich vor nicht allzu langer Zeit selbst noch omnivor war und einige Versuche, wenigstens vegetarisch zu leben, gescheitert sind. Jedoch war damals eine Sache, die mich allmählich zum Undenken gebracht hat, dass ich im echten Leben zum ersten Mal Kontakt zu einer Veganerin hatte. Und klar, ich war der typische Idiot mit Fragen wie "Was isst du denn dann?" etc. (Ja, peinlich, ich weiß

), aber ich war dem Ganzen in Person nie aggressiv oder ablehnend eingestellt. Das sehe ich halt bei den meisten meiner Freundinnen nicht. Da ist dann von Anfang an so eine Mauer und "ich werde sicher nicht aufhören Fleisch zu essen" etc. und das ist einfach traurig. Ich wünschte mir halt auch, dass meine Präsenz einen positiven Effekt auf die Einstellung von anderen hat, aber offenbar kriege ich so etwas nicht hin.
Eventuell hab ich es verkackt, indem ich anfangs doch dem Stereotyp des aggressiven Veganers treu war und meist sehr negativ war. Erst durch Melanie Joys Buch verstehe ich jetzt, dass mich die aufklärerenden Werke (Dokus, Bilder, Infos) traumatisiert haben und mich das sehr emotional gemacht hat. Ich konnte einfach nicht verstehen, wie das alles stattfinden kann und alle einfach wegsehen können, mich vorher eingeschlossen. Erst mit der Zeit hab ich mich beruhigt und lebe jetzt einfach mein Leben und versuche die Leute schonend an das Thema heranzuführen und auf die Änderungsbereitschaft meiner Mitmenschen einzugehen.
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Zusatz: Sorry, wenn das komisch rüberkommt, aber durch das Schreiben des vorherigen Textes ist mir aufgefallen, dass es bei mir ja auch klein angefangen hat und der richtige Klick-Moment erst später gekommen ist. Allein durch das Niederschreiben meiner Wandlung ist mir aufgefallen, dass ich das Thema evtl. wirklich noch lockerer angehen sollte und meine Freunde für die kleinen Veränderungen mehr loben sollte, als für das verurteilen, was sie (noch) tun. Der Kern ist gesäht und je öfter ich ihn durch positive Einflüsse gieße, desto größer wird hoffentlich die Bereitschaft zur Änderung.
(P.s. Erst hatte ich überlegt den vorherigen Teil wieder zu löschen, aber dann fand ich es doch ok, wenn man meinen Gedankengang nachvollziehen kann.)
(P.p.s. Kann mir jemand sagen, ob ich durch diesen Sinneswandel jetzt Stufe 2 Veganer bin?

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