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Gott und die Massentierhaltung

Erstellt 15.06.2018, von Mokiscrofa. Kategorie: Tierschutz & Tierrechte. 45 Antworten.

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Mokiscrofa
Gott und die Massentierhaltung
15.06.2018
Wie die abrahamitischen Religionen die moralischen Prämissen für die Entstehung der modernen Tierindustrie erschufen.

Die moralischen Ansichten eines Menschen entwickeln sich, wie alle anderen Ansichten, immer in Interaktion mit seinem sozialen Umfeld. Weiße, die in Südafrika aufwachsen, sind i.d.R. rassistischer sind als Weiße, die in Europa aufwachsen. Menschen im 21. Jahrhundert haben nur deswegen eine ethischere Moralvorstellung, weil sie in einer ethischeren Kultur leben, als die eines Menschen im feudalen Europa. Es gibt keine genetische Anlage die Menschen aus diesen beiden Kulturen ethischer oder unethischer handeln lässt. Praktizierenden Christen und Christinnen empfehle ich hier nicht weiter zu lesen, es könnte eure religiösen Gefühle verletzen. Falls Kritik an der Religion erlaubt ist, bitte weiterlesen!

Vor tausenden von Jahren waren viele Religionen sehr naturverbunden. Dies ist kein Zufall, sondern eine logische Konsequenz aus dem Alltag von Menschen, die mit den Tieren in einer Gemeinschaft lebten. So haben „primitive“ Menschen im Neolithikum, also in der Zeit in der sich der Ackerbau und die Viehzucht weltweit etablierten, ihre Tiere beerdigt. In nordamerikanischen, animistischen Religionen lässt sich nachweisen, dass Menschen nach der Tötung eines Tieres, sich bei diesem für die Tat rituell entschuldigten.
Doch mit der Zeit, und fortschreitender Entfremdung der europäischen Gesellschaft zur Natur, wurde der moralische Wert der Tiere immer niedriger eingestuft. Schließlich, vor mehr als 3000 Jahren, mit dem Aufkommen der ersten abrahamitischen Religion, wurden die Tiere vollständig entwertet. Der Sklave namens „Nutztier“ war geboren. Insbesondere das Christentum nutze alle verfügbare Gewalt auch den letzten animistischen Ritus (Aberglaube, Hexerei) aus den Gesellschaften zu tilgen. Dies war der Grundstein für ein 3000 Jahre altes Moralverständnis vom Wert des nichtmenschlichen Lebens. Nur so konnte in den 1950er das Tier als Produkt in den fortschreitenden Prozess der Industrialisierung eingefügt werden.
Bereits im Schöpfungsmythos steht der Auftrag des naturfeindlichen abrahamitischen Gottes geschrieben; „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.“ (Gen 1,28 ) Wenn es einen Satz aus der Bibel gibt, den die Menschen ernstgenommen haben, dann ist es dieser.
In seinem Buch „Tiere Denken“ zitiert Richard David Precht Jesus, wie er zu seinen Jüngern spricht: „Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie Säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in den Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ (Matthäus 6,26)
Auch die zahlreichen Exegesen (eine theologische Kunst, aus einem Text jeden beliebigen Inhalt herauszulesen) befreien die abrahamitischen Religionen nicht vor Ihrer Schuld. Die Praxis der letzten 3000 Jahren spricht für sich selbst. Auch heute noch, machen sie keinerlei Anstalten, den Tieren ihr gestohlenes Recht zurückzugeben.
So wie in der Aufklärung im 18. Jahrhundert die Menschenrechte und die Frauenbewegung im 19. Jahrhundert die Frauenrechte gegen das Christentum durchgesetzten, so muss heute die Tierrechtsbewegung gegen die christliche Weltanschauung kämpfen, um den Tieren ihren rechtmäßigen Status zurückzugeben.

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Biophilie
15.06.2018
Ich bin praktizierende Christin und Theologin und als solche äußerst religionskritisch. Seriöse ChristInnen sind das, auch wenn das offenbar über dein Vorstellungsvermögen hinaus geht.
Den jahwistischen Schöpfungsbericht solltest du nicht in einer deutschen Übersetzung, sondern im Originaltext lesen, sofern du des Hebräischen mächtig bist. Dann könntest du nämlich feststellen, dass der Satz, den Luther mit "Herrscht über sie" übersetzt, im Grunde besser mit "tragt Verantwortung über sie" wiedergegeben würde.
Sicher ist dir bekannt, dass es gerade im Judentum überproportional viele VeganerInnen gibt. Wie erklärst du dir das?
Ich weiß ja nicht welche theologischen Bücher du liest....
Offenbar andere als ich...
Übrigens, lies doch vielleicht auch mal in der Bibel ....Ich empfehle dir beispielsweise die "Tempelreinigung" (Mk11, Lk 19, Joh 2), bei der Jesus wütend die Händler, die im Tempel Tiere zum Opfern verkaufen, herausjagt und die Tiere befreit.
Du kannst dich gerne mit mir auf einen theologischen Diskurs einlassen....Aber dann musst du dich warm anziehen.
Übrigens solltest du dich erst einmal mit den wissenschaftlichen Methoden der historisch-kritischen Bibelexegese vertraut machen, bevor du dieser Beliebigkeit unterstellst.

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Mokiscrofa
15.06.2018
Dann könntest du nämlich feststellen, dass der Satz, den Luther mit "Herrscht über sie" übersetzt, im Grunde besser mit "tragt Verantwortung über sie" wiedergegeben würde.


Wie ich auch bereits gesagt habe, gibt es viele Exegesen die die Bibel teilweise so klingen lassen, als wäre sie ein Freund der Tiere. Das mag auch sein, dass man die Bibel auch so interpretieren kann und viele Textstellen finden kann, in denen Tiere besser wegkommen. Man kann aus der Bibel sehr viel rauslesen und jeder Theologe behauptet, er kenne die einzig richtige Lesart. Es gibt wahrscheinlich viele Theologen die Fleischessen mit genauso vielen Textstellen rechtfertigen können. Wenn du eine Lesart für dich gefunden hast, die in Einklang mit dem Veganismus steht freut mich das. Ich will das auch in keinster Weise kritisieren. Sicher wirst du aber nicht behaupten, dass deine heutigen Ansichten repräsentativ für die Ansichten des Christentums zu jeder Zeit sind. Stichwort Frauenrechte, Homosexualität etc.
Doch was man aus der Bibel rauslesen kann und was das Christentum glaubt war noch nie dasselbe.

Mich interessiert aber viel mehr die Interpretation, die für die Praxis relevant war und die war alles andere als tierfreundlich. Naturlich verfolgen die Christen heute keine Naturvölker mehr weil sie die Natur anbeten. (ist ja auch nicht mehr viel Naturreligion übrig) Aber früher haben sie das nunmal getan. Begegungen von Christen und Menschen die Tier- und Naturgötter anbeteten endeten immer auf die gleiche Weise. Und nur weil Jesus mal auf die Idee kam seinen Jüngern Tiersymbole zuzuordnen, kann man nicht heute behaupten die Christen wären Tierfreundlich gewesen.
Die Tempelreinigung ist übrigens ein schönes Beispiel, um zu sehen was Jesus von solchen animistischen Ritualen hielt.
Ich sage ja nicht, dass das heutige Christentum die Verantwortung für die Massentierhaltung trägt. Aber das Christentum hat der Gesellschaft das moralische Konzept gegeben, um "Verantwortung über sie zu tragen."

PS: Wieviele Tiere gibt es eigentlich im Himmel?

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Biophilie
15.06.2018
Dass "jeder Theologe behauptet, die einzig richtige Lesart" zu kennen, ist eine Unterstellung und zeigt, wie wenig du dich mit Theologie beschäftigt hast. Seriöse Theologie zeichnet sich durch Kritikfähigeit aus und nicht durch den Anspruch auf Exklusivität.
Zugegebenermaßen bin ich in meiner Kirche mit meinen tierethischen Ansichten nicht gerade repräsentativ. Ich werde von vielen MitchristInnen und auch KollegInnen als sehr radikal empfunden. Aber war Jesus das in seiner Zeit nicht auch? Waren das die ersten ChristInnen nicht auch? Und alle, die das Christentum an seine Wurzeln erinnerten, wie beispielsweise Luther in seiner Zeit?
Übrigens hat Jesus seinen JüngerInnen niemals Tiersymbole zugeordnet. Das verwechselst du offenbar mit den 4 Evangelisten, denen im frühen Christentum Tiersymbole zugeordnet wurden.
Die Frage nach den Tieren im Himmel ist wohl nur eine rhetorische. Beantworten kann ich sie dir jedenfalls nicht, denn ich bin bisher nie dort gewesen. Jedoch, wenn es einen Himmel geben sollte, bin ich gewiss, dass alle Tiere dort sein werden....Nur bei einer Spezies bin ich mir nicht so sicher....Der unsrigen....

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Mokiscrofa
15.06.2018
Jedoch, wenn es einen Himmel geben sollte, bin ich gewiss, dass alle Tiere dort sein werden....Nur bei einer Spezies bin ich mir nicht so sicher....Der unsrigen....


Das ist eine äußerst ungewöhnlich misanthropische Interpretation einer so ultra-anthropozentrischen Religion, wie dem Christentum. Auch wenn ich wirklich wenig von christlicher Theologie verstehe, (dafür mehr von Religionswissenschaft) glaube ich kaum, dass dies eine offzielle Lehrmeinung unter Theologen ist. Und noch weniger glaube ich, dass dies die Meinung vieler Christen gewesen ist, als die Massentierhaltung entstand.

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Biophilie
15.06.2018
Insbesondere scheinst du wenig von evangelischer Theologie zu verstehen, in der es offizielle Lehrmeinungen im katholischen Sinne nicht gibt.
Das Weltbild des ersten Testaments ist im übrigen zwar ähnlich anthropozentrisch wie das Weltbild in der Antike überhaupt....Im Neuen Testament weht jedoch diesbezüglich ein für damalige Verhältnisse ausgesprochen frischer Wind.
Ich bin keine Misanthropin, nur weil ich kein anthropozentrisches Weltbild vertrete. Ich bin, wie mein Name schon sagt, biophil, und darin ist mir Jesus durchaus ein Vorbild. Meine Empathie bezieht sich auf alles Leben, und das schließt den Menschen durchaus ein. Jedoch hat keine Spezies der Schöpfung bisher so geschadet wie der Mensch. Daher hätte er es am wenigsten verdient, im Reich Gottes zu landen. Da ich aber an die Gnade Gottes glaube, werden wir, so hoffe ich, mit den Tieren, und dann wohl auch, wie die messianischen Texte der Bibel es uns verheißen, in Frieden mit ihnen und der ganzen Schöpfung dort leben dürfen.

Benutzerbild von kilian
vegan7.049 PostsmännlichBerlinLevel 4Team
15.06.2018
Hallo
Du kannst dich gerne mit mir auf einen theologischen Diskurs einlassen....Aber dann musst du dich warm anziehen.

Nein, wir werden hier keinen solchen Diskurs starten, bei dem sich irgendjemand "warm anziehen" müsste. Das Forum ist nicht zur Besserwisserei und Rechthaberei da, sondern für den praxisorientierten Austausch zwischen Menschen, die sich für eine vegane Lebensweise interessieren. Das geht auch an Mokiscrofa.
Es wurde genug geredet und diskutiert. Dieses Forum hat bewusst eine praxisorientiert Ausrichtung. Ich hoffe, Ihr könnt Euch darauf einlassen!
Viele Grüße
Kilian

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Biophilie
16.06.2018
@Kilian, ich glaube, Mokiscrofa hatte mich schon richtig verstanden....Das "warm anziehen" sollte keineswegs eine Drohung sein. Es ging nur darum: wenn jemand als Laie einen wissenschaftlichen Diskurs mit einem Profi anstrebt, sollte sie /er gut informiert sein.
Das war nicht abwertend gemeint. Ich strebe als Theologin auch keinen wissenschaftlichen Diskurs mit PhysikerInnen über physikalische Themen an. Wir sollten die Grenzen unserer Kompetenzen kennen. Darum ging es nur...Alles gut, Kilian.

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Ragaley
16.06.2018
Mich reizte (positiv gemeint!) die Überschrift - und ich habe mich gefreut und freue mich noch, dass solche Themen hier so offen beredet werden können.
Ich würde mich nur auch freuen, wenns sachlich und weniger intellektuell bleiben würde, denn es geht doch einfach um Sachinfos auf biblischer Grundlage, hm? ;)

Denn meistens enden solch religiöse Themen nach wenigen Beiträgen entweder im Chaos oder mit - naja, nicht gerade Mord und Totschalg, aber doch mit Sperren des threads und Wut auf vielen Seiten.... :red:
Und das wollen wir hier doch absolut nicht, gell?


Auch ich bin bekennende Christin, keine Theologin, sondern eben einfach Christ - und finde in der Bibel durchaus einen ganz normal nahrungstechnischen Umgang mit Tieren.


Nur war damals - wie auch zu meiner Jugend noch - die Haltung der Tiere eine völlig andere; es gab keine Massentierhaltung und sie wurden auch nicht ausgebeutet, um uns letztlich als Nahrung zu dienen.


Unter diesen Bedingungen wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, mich mit dem Thema vegan auseinander zu setzen, denn an sich esse ich gern Fleisch. Nur eben nicht mehr unter den heutigen Voraussetzungen..... :x :
Denn DIE sind ganz sicher NICHT mehr in Gottes Sinne, der uns angewiesen hat, seine Schöpfung zu bewahren, zu achten, zu hegen und in Würde zu nutzen.


All das findet heute leider überhaupt nicht mehr statt...... Und nur DESHALB ist für mich ein Umdenken angesagt. Und nur DESHALB binich hier. :heart:


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Tanni
16.06.2018
Ihr Lieben,

ich finde die gedanklichen Anregungen von Mokiscrofa sehr interessant. Ich bin nicht soo wissend in all diesen Thematiken, daher habe ich mich da bisher zu enthalten, ABER, ich habe alles gelesen und freue mich sehr über den bisher friedlichen Austausch zu diesen Themen, die ich als eine Bereicherung für das Forum empfinde. Das mal nur so am Rande. :thumbup:

Zitat Ragaley:

...Unter diesen Bedingungen wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, mich mit dem Thema vegan auseinander zu setzen, denn an sich esse ich gern Fleisch. Nur eben nicht mehr unter den heutigen Voraussetzungen...

Ich kam vor 11 Jahren zum Veganismus und da hätte ich deinen Satz genauso unterschreiben können, ABER, irgendwann war mir, für mich persönlich klar, dass es mir nicht um die Massentierhaltung allein geht, sondern darum, ein fühlendes Lebewesen zu züchten, auszubeuten, zu quälen, zu töten und dann zu verspeisen. Unsere Tiere möchten leben, sie fühlen Freude, Trauer und Schmerz wie ich und ich (und damit meine ich mich), habe nicht das Recht, es für meinen Genuss all diesem Leid von der Geburt bis zum Tode auszusetzen. Es hat ein Recht auf sein Leben, auf einer schönen Wiese, in den unendlichen Weiten des Meeres, am Himmel, sowie auf Erden. Wer bin ich, dass ich über das Leben und Sterben eines anderen Lebewesen für meinen Genuss entscheiden darf? Deshalb geht es mir persönlich schon sehr lange nicht mehr um die Massentierhaltung, sondern um das Töten von Lebewesen ansich, auch wenn sie artgerecht (schreckliches Wort) gehalten wurden.

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