Wollen Veganer Fleischesser missionieren?
Manchmal ist es echt nervig! Man steht am Kopierer, muss einige Unterlagen für den kommenden Geschäftstermin vorbereiten - Zack! Steht da plötzlich ein Veganer und möchte einen dazu missionieren, vegan zu werden.
Mit tränenerstickter Stimme. Damit die Tiere nicht weiter leiden müssen. Damit das Klima doch noch gerettet wird. Bitte, bitte!
Himmelherrgott, kann das nicht mal aufhören!?
Okay, Schluss mit dem Quatsch.
Die Frage ist doch: Wollen Veganer einen als Fleischesser eigentlich missionieren?
Der Begriff Missionieren kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet, den christlichen Glauben zu verbreiten. Missionare waren (und sind) also Christen, die mit unterschiedlichsten Mitteln (Kindergärten, Krankenhäuser, Kreuzzüge, Kriege ...) versuchten, andere Menschen von ihrem religiösen Glauben zu überzeugen.
Wenn Veganer einen Fleischesser von veganer Ernährung überzeugen wollen, kann von "Missionierung" jedenfalls keine Rede sein.
Doch ist das bloß falsches Wording, eine kleine Ungenauigkeit?
Keineswegs!
Die Behauptung, Veganer wollten Fleischesser missionieren, ist nicht einfach nur ungenau. Der Begriff setzt vielmehr einen wichtigen Deutungsrahmen. Wer will schon einem "Missionar" zuhören?
Und wenn wir uns in einer "missionarischen" Situation glauben, greifen wir Menschen gerne auf unser Reportoire an Verteidigungs-Argumenten zurück.
Auf diese Lehrsätze, dass Menschen Allesfresser sind. Dass die Natur nun mal grausam ist. Dass Veganer radikal sind...
Veganer kennen diese Dogmen selbst nur zu gut. Die meisten von ihnen waren früher selbst Fleischesser!
Doch all diese Ernährungs-Dogmen sind Phrasen ohne Bedeutung. Sie enthalten nichts darüber, wie Tiere in Deutschland gezüchtet, gemästet, transportiert und geschlachtet werden.
Fleischesser rechtfertigen mit erlernten Dogmen, dass "Nutztiere" gequält und getötet werden dürfen. Doch würden sie ihr geliebtes Haustier ebenso behandeln?
Erst in diesem Beispiel wird deutlich, wie irrational und folgenschwer es ist, die Behandlung von Tieren rein abstrakt zu beurteilen.
Unzählige Fleischesser wurden Veganer, nachdem sie dieses mörderische Denk-System enttarnt hatten.
Veganer missionieren nicht. Sie berühren einfach einen wunden Punkt. Kommt ein Veganer in Sichtweite, wird die kongnitive Dissonanz wieder spürbar. Dieses ungute Gefühl, dass die eigenen Glaubenssätze mit der Realität kollidieren.
Denn die Tierhaltung findet abseits der Lebensmittelpunkte statt. Es wird Verbrauchern leicht gemacht, die Bedeutung und Tragweite auszublenden.
So wird man unbewusst zum "Schreibtisch-Täter". Und das ginge gut, wenn da nicht immer wieder Berührungspunkte zur Realität entstehen würden.
Die deutsche Agrar-Industrie ist so mächtig wie die deutsche Automobil-Industrie. Mach dir das stets bewusst, wenn du dich fragst, woher die irreführenden Ernährungs-Dogmen kommen!
Wer ehrlich zu sich selbst sein möchte, wer die Zusammenhänge begreifen möchte, dem empfehlen wir, eine Dokumentation wie "Earthlings" oder "Dominion" bis zum Schluss anzusehen. Oder auf Youtube nach den letzten Investigativ-Reports aus der deutschen Tierhaltung zu suchen.
Und eines zum Schluss: Falsche Glaubenssätze über Bord zu werfen ist leichter als man denkt. Erfahre gute Gründe, vegan zu leben.
Veröffentlichung:
Autor: Kilian Dreißig