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Liebes BfR, ein Wort zur veganen Risikokommunikation...

Screenshot: BfR Forschungsbericht über Veganer.
Screenshot: BfR Forschungsbericht über Veganer. Bild: Screenshot / bearbeitet

Liebes Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR),

im Oktober 2017 haben Sie einen Forschungsbericht über die Beweggründe und Lebenspraxis von Veganern herausgegeben. Er trägt den Titel "Vegane Ernährung als Lebensstil: Motive und Praktizierung" und steht auf Ihrer Website zum Download. Ihr besagtes Ziel ist, Wege für die "Risikokommunikation" rund um vegane Ernährung zu finden und dafür zunächst die Veganer und ihre Einstellungen genauer kennenzulernen.

Zunächst einmal möchte ich Ihnen danken für die Arbeit, die Sie sich gemacht haben. Der Forschungsbericht ist wirklich lesenswert geworden.
Das hat mich - muss ich leider sagen - sogar ein bisschen überrascht. Schließlich gehört das BfR (absurder Weise) zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das sich in letzer Zeit eher durch Agrar-Propaganda ("Schweinefleisch in deutschen Schulküchen") statt durch sachliche Diskussion hervorgetan hat.

Zu Beginn meiner Ernährungsumstellung vor ca. 16 Jahren, wurde ich von meinen Mitmenschen gewarnt, das könne ich maximal fünf Jahre "überleben". Ich habe mein Blut regelmäßig prüfen lassen, um Mängel auszuschließen. Ich wurde dazu gedrängt, mehr Nüsse zu essen, wegen dem Protein. Dann hieß es, trotz des "Ausbleibens negativer Symptome" (siehe unten), die typischen Mängel seien versteckt und nicht nachweisbar.
Irgendwann dämmerte in mir, dass Veganer offenbar irgendeinen Mangel haben müssten. Anders geht es wohl nicht.

So beschloss ich, mit diesen nicht nachweisbaren Mängeln zu leben.

Mehr Ernährungsbildung in Deutschland!

Doch auch wenn ich bisher offenbar Glück hatte (und ich habe mir mein Ernährungswissen selbst angeeignet), habe ich auch von Menschen gehört, die sich falsch vegan ernähren und dadurch ein Gesundheitsrisiko eingehen. Auch ich finde es wichtig, diese Betroffenen über eine gesunde Ernährung aufzuklären und entsprechende Bildungsmöglichkeiten anzubieten.

Allgemein würde ich sagen, Ernährungsbildung wäre in Deutschland sehr gut investiert.
Sehen Sie sich an, wie viele Menschen allein übergewichtig sind, mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und verschiedene Krebsarten. Es sind häufige Folgen von Ernährungsfehlern, die durch probate Ernährungsbildung wahrscheinlich vermeidbar gewesen wären.

Ihre Forschungsarbeit soll laut Vorwort dazu dienen, Veganer und ihre Motivation besser kennenzulernen. Sie weisen zu Beginn darauf hin, dass man bei der Risikokommunikation auf die Menschen zugehen sollte, statt sie zu verurteilen. Das weckt meine Sympathie!

Marketing-strategisch hätte ich "Ernährungsbildung" zwar auch so bezeichnet und bei den quantitativ weit überlegenen, übergewichtigen Nicht-Veganern mit Aufklärung begonnen... Doch Sie werden Ihre Gründe haben, das "Risiko" zu betonen und sich auf Veganer zu konzentrieren. Nun gut, eine wissenschaftliche Erforschung dieses Themas nützt uns Veganern, davon bin ich überzeugt!

Gesundheitlich motivierte Veganer - wo sind sie?

Den Angaben im Forschungsbericht zufolge leben die meisten Menschen in Deutschland aus ethischen Gründen vegan.

In der Tat fehlen verlässliche Untersuchungen zu den Haupt-Motiven für vegane Lebensweise. Allerdings gehen zahlreiche (nicht-repräsentative) Umfragen davon aus, dass vielmehr gesundheitliche Motive der Hauptgrund für eine vegane Lebensweise sind. Noch vor den ethischen Gründen.
Sehen Sie sich einmal an, welche Reichweite der "Vegan-Guru" Attila Hildmann mit seinen gesundheitsbezogenen Büchern erreicht. Auch wenn er durchaus ethische Argumente hat, adressiert er doch überwiegend Gesundheits-Interessierte.

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Repräsentative Befragungen sind dazu natürlich schwer durchführbar. Die Ansprache vor speziellen Vegan-Geschäften und Festen erreicht aber denkbar mehr Menschen, die "Vegan" auch als Szene-Merkmal nutzen und zelebrieren. Kaum erreicht werden auf diesem Wege Menschen, die einfach aus gesundheitlichen Gründen vegan leben und dazu nicht mehr brauchen als einen normalen Supermarkt.
Bitte vergessen Sie diese Menschen nicht bei Ihrer veganen Risikokommunikation!

Ausbleibende, negative Konsequenzen?

In Ihrer Studie gehen Sie auch auf den Umgang mit veganer Kinderernährung ein. Dabei schreiben Sie:

Die Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Kindern sprechen eher nicht dafür, dass Gynäkologen und Kinderärzte ein ernstes Risikobewusstsein erzeugen. Entweder würde der vegane Ernährungsstil von vornherein als positiv erachtet oder die Ärzte ließen sich nach anfänglicher Skepsis vom Ausbleiben negativer Konsequenzen überzeugen.

Eine offenbar ganz gesunde Ernährung bezeichnen Sie in diesem Kontext als "Ausbleiben negativer Konsequenzen". Das ist, mit Verlaub, schon etwas gehässig. Selbst wenn man ja nur die veganen Risiken kommunizieren möchte.

Die Feststellung, dass Ärzte kein Risikobewusstsein erzeugen, suggeriert, dass es ein solches Risiko grundsätzlich gebe. In Verbindung mit dem "Ausbleiben negativer Konsequenzen" widerspricht sich das allerdings irgendwie! Wenn die Aussagen Ihrer Studienteilnehmer nicht auf Risiko hindeuten - welche Risiken kommunizieren Sie dann eigentlich?

Sie schreiben, dass es aus den Diskussionen mit den Teilnehmern hervor ginge, dass für alle Ansätze kritischer Betrachtung feste, sozusagen erprobte Argumentationsmuster vorhanden seien, um das eigene Handeln zu rechtfertigen.
Das mag damit zusammenhängen, dass man als Veganer im Alltag immer noch vielen stereotypen Vorurteilen ausgesetzt ist.

In diesem Sinne: Danke für Ihre Arbeit und bleiben Sie dran! Wenn Sie fundierte Daten über vegane Risiken haben, lassen Sie es uns wissen. Vielleicht können wir mit-kommunizieren!

Mit besten Grüßen,

Kilian Dreißig

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AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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