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Backe, backe, Veganer! Wie man Menschen vegan macht...

Erstellt 19.04.2023, von kilian. Kategorie: Allgemein vegan. 5 Antworten.

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Benutzerbild von kilian
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Backe, backe, Veganer! Wie man Menschen vegan macht...
19.04.2023
Wie macht man einen Veganer?

Ich habe kein Patentrezept, das nur vorab. Aber zumindest habe ich ein paar erste Erkenntnisse gesammelt:

Nicht vergessen, wo man herkommt.
Die meisten Veganer haben zuvor Tierprodukte gegessen. Und das, obwohl sie keine bösartigen Monster waren, denen das Leid der Tiere völlig egal ist. Sie aßen Fleisch, weil sie das so gelernt haben, weil ihr Umfeld es so gemacht hat usw.

Wenn wir ignorieren, dass wir ebenfalls Tierprodukte gegessen haben (und welche Hürden wir auf dem Weg zur veganen Ernährung selbst überwinden mussten, wie peinlich wir uns teilweise angestellt haben), dann verdrängen wir die Realität und färben unsere Vergangenheit künstlich schön. Gut fürs Ego ("aufrechter Tierfreund"), aber meistens verlogen.

Eine typische Folge dieser Verfälschung ist, dass wir Fleischesser als ignorante Monster sehen, die sie aber (meistens) nicht sind. Das führt zu Verhärtungen und Konfrontationen, weil wir Fleischesser aus Frust unfreundlich behandeln und auf Distanz gehen.

Wenn wir wollen, dass mehr Menschen vegan leben, dann müssen wir daran denken, wie wir selbst angefangen haben und auch, warum wir vielleicht gezögert haben. Ziemlich ähnlich fühlen sich heutige Vegan-Umsteiger nämlich auch.

Und das gilt auch für die Sprache. In Teilen der veganen Szene gibt es bestimmte Sprach-Codes, die man außerhalb der Szene nicht versteht.

Nicht die Macht der Verdrängung unterschätzen.
Verdrängung ist mächtig und wohl alle Menschen verdrängen. Wir merken es bloß nicht, denn dann wäre es ja keine Verdrängung.

Verdrängung wird einem bewusst, wenn sie aufhört... das äußert sich bei Vegan-Umsteigern typischerweise darin, dass sie das Gefühl haben, von den neuen Informationen schier erschlagen zu werden... Wie konnte ich das vorher nicht wissen!?

Veganer und Fleischesser haben ein ähnliches moralisches Mindset.
Die meisten Menschen finden Tierquälerei fürchterlich und haben zugleich Angst vor sozialem Ausschluss. Zwei Dinge, die ohne Verdrängung schwer in Einklang zu bringen sind.

Fleischesser befinden sich in einem Zwiespalt:

Entweder sie machen sich die Gewalt hinter Tierprodukten bewusst, und sehen dann (völlig erschüttert) ein, dass ihre bisherige Lebensweise überhaupt nicht zu ihren moralischen Werten passt... mit dem Risiko, dann auch noch als "extrem" und "radikal" ausgegrenzt zu werden...
Oder, sie verdrängen die Gewalt der Fleischproduktion und überhöhen ihre soziale Zugehörigkeit, indem sie selbst anfangen, Veganer abzuwerten und Sprüche zu klopfen. Meistens siegt die Angst vor dem sozialen Ausschluss... mit den bekannten Folgen => Fleischverzehr = Gruppenzwang / Konformismus.

Zurückhaltend bleiben - eigenes Ego im Blick behalten- Ich-Perspektive
Menschen hassen es, wenn andere sich über sie stellen und sie belehren.
Das Problem dabei ist, dass man als Veganer einerseits Informationen präzise widergeben möchte, aber zugleich nicht aufdringlich sein möchte, um Besserwisser-Klischees zu vermeiden ("laber mich nicht tot").

Keine leichte Aufgabe, merke ich immer wieder. Fängt schon damit an, möglichst auf direkte Ansprachen und auch auf wertende Adjektive verzichtet. Es reicht, wenn "Tiere im Schlachthof sterben". Das muss nicht "grausam", "qualvoll" und "angsterfüllt" sein. Niemand soll denken, dass ihm vorgeschrieben würde, was er zu fühlen hat.

Wenn Emotionen ins Spiel kommen, dann lieber "Ich fühle mich oft verzweifelt, wenn ich sehe, wie grob Menschen mit Tieren umgehen" statt einer verkünstelten Verallgemeinerung: "Aufrechte Tierfreunde leiden angesichts des Tierleids".

Argumente werden überbewertet.
Die wichtigste Hürde auf dem Weg zur veganen Ernährung ist die Angst vor sozialem Ausschluss. Einzelgänger hatten es früher leichter, vegan zu werden, weil sie weniger unter sozialen Druck standen. Je mehr Veganer es gibt und je stärker sie öffentlich wahrgenommen werden, desto deutlicher wird, dass es eine adäquate Lebensweise ist und nicht zum sozialen Ausschluss führen muss. Und umso leichter wird es, die unbewusste Verdrängung aufzugeben.

Menschen in Städten haben es leichter, vegan zu werden. Für Menschen auf dem Land sind Online-Foren dagegen hilfreicher. :D

Es ist aber ein verbreiteter Irrtum, dass mehr Argumente grundsätzlich mehr bewirken würden. Argumentation wird massiv überschätzt.

Wer möchte, dass mehr Menschen vegan leben, muss ihnen zeigen, dass sie damit nicht allein sind, dass sie sozialen Rückhalt bekommen und vielleicht sogar davon profitieren.

Welche Erkenntnisse habt ihr gemacht?

Benutzerbild von BeaNeu
vegetarisch996 PostsweiblichFrankfurtLevel 4
24.04.2023
Das stimmt, würd da peu a peu auf diverse Textstellen eingehen wollen.

Nur soviel erst:

Also bin ja derzeit Veggie mit veganen Tendenzen, sag ich immer u. wie schon im Neu-hier-Post erwähnt. - keine Milchprodukte, wie Joghurt usw. mehr, auch kein veggie oder vegan, schmeckt mir nicht ... , kein Käse - auch net der vegane, schmeckt mir net - usw- .... nur die Milch für Kaffee ist noch ein Problem :-/

Seit einiger Zeit informiere, recherchiere ich in Sortimenten von Läden (DM sehr stark, tolle Angebote), Rewe usw., was vegan betrifft. Macht Riesen Spass, tue meinem Körper, wir sind ein Team 8) , was Gutes, und es macht Freude zu sehen, wie sich die Sortimente vergrössern!
Wegen Allergie muss ich doch da und dort aufpassen!

Als vor paar Wochen in der einen Rewe-Filiale (etwas grösser, als hier die hiesige) die vegane Margarine einer bekannten Marke im Angebot war, hab ich natürlich mir einen Vorrat zugelegt, wie immer, immerhin 70 Cent Ersparnis pro Pck. als regulär. ---

Kenne dort den Marktleiter (junger Mann in den 30er) und auch viele MA, wenn man sich begrüsst, und der sah doch öfter schon in meine Einkäufe....
Tja und da kamen wir dann ins Gespräch --- wie das denn so ist , veggie zu sein und auch so mit vegan.
Leider war nicht viel Zeit, die Arbeit, klar, ABER er kam ins Grübeln........ ---------- Talks werden selbstverständlich weiter sein, mal sehen, ob er sich auch dafür interessieren könnte.

DENN , mein Begeisterargument für ihn, meinerseits, war, dass ich vor Jaaahren die letzte Erkältung hatte (angesteckt worden in nem Laden Niesattacke) --- und er sich ärgerte , warum er das so oft ist (Kundenkontakt allein kanns net sein... bin ja auch unterwegs unter Menschen).
Das Topping ist ja noch, bin weder von Lauterbachs Impfstoff versorgt, noch hab ich jemals einen Test gemacht --- wenn einer in meiner Nase puhlt, dann bin das ich und sonst keiner... :lol: :angel:

DAS hat mich gefreut, dass er so interessiert nachgefragt hatte, weil ja mein Einholwagen ohne Fleisch, Wurst, Eier, Joghurt usw. war, nur, wie sagte er neulich "oh, dein gesunder Einkauf" :green:

Bin gespannt, wie es weitergeht.

8)



6x bearbeitet

Kein Benutzerbild
Vegandrea0
25.04.2023
Für mich kam das schon belehrend an, wenn mir das Leid der Tiere vor Augen geführt wurde, da war mein Verdrängungsmechanismus heftig am arbeiten. Es brauchte erst ein deutliches Zeichen meines Körpers, dass er so nicht mehr weiter kann.
Angst vor sozialer Ausgrenzung hatte ich nicht, bin da ziemlich naiv rangegangen. Die Ausgrenzung traf mich dann um so heftiger. Aber diese sozialen Kontakte haben mich mit dem Tierleid in Verbindung gebracht, das sie täglich anrichten. Klar, dass sie mich ebenfalls verdrängen wollten.

Benutzerbild von ItsaMeLisa
vegan338 PostsweiblichHannoverLevel 3
25.04.2023
Zitat BeaNeu:
Das Topping ist ja noch, bin weder von Lauterbachs Impfstoff versorgt, noch hab ich jemals einen Test gemacht --- wenn einer in meiner Nase puhlt, dann bin das ich und sonst keiner... :lol: :angel:

Verstehe ich das richtig, dass du dich damit brüstest in den letzten Jahren deine und die Gesundheit deiner Mitmenschen potenziell gefährdet zu haben? Und die Formulierung "Lauterbachs Impfstoff" lässt schon sehr auf ein bestimmtes Denkmuster deuten.

Benutzerbild von Irbis
131 PostsLevel 3
25.04.2023
Es ist lustig, dass du gerade diesen Titel für den Thread gewählt hast, @Kilian.
Mit der Tierrechtsgruppe aus meiner Stadt haben wir am letzten Samstag eine neue Idee ausprobiert, nämlich einen Essensstand mit kostenlosem veganen Essen in der Stadt, das die Leute dann freiwillig probieren durften (die Aktion war natürlich gemeldet).
Es gab viele positive Reaktionen, aber was ich auch festgestellt habe: es kamen viele Veganer zu dem Stand oder Eltern mit Kindern (weil die Kinder etwas wollten).
Die Leute (vegan oder nicht), fanden das Essen auch gut, ich glaube, keinem hat es nicht geschmeckt.
Und es ist natürlich leichter, ein Gespräch über vegane Ernährung zu beginnen, wenn der Gegenüber gerade einen leckeren veganen Muffin isst. Die Emotionen sind in so einer Situation deutlich niedriger, und man kann leichter einen positiven Eindruck hinterlassen.
Was ich aber auch sagen muss: Es macht es den Menschen leichter, auf die typischen Verdrängungsmuster und Ausreden zurückzufallen. Was auch kam waren teils seltsame Geschichten davon, dass sie vegan schon probiert hätten und davon krank geworden seien etc.
Ich denke daher, dass man nicht vergessen sollte, dass immer verständnisvoll und zurückhaltend zu sein, die Menschen nicht sehr wirkungsvoll bewegt.
Es ist wichtig, weil man zeigen sollte, dass auch Veganer nur Menschen sind, die genauso Interesse an leckerem Essen, Bequemlichkeit und einem friedlichen Austausch haben und dass kaum jemand als Veganer geboren wurde, sondern es eine später getroffene, bewusste Entscheidung war.
Gleichzeitig ist die Erinnerung daran, warum vegan die Wahl war, immer noch wichtig. Es muss nicht immer gleich das „gequälte, leidvoll geschlachte“ Huhn sein. Ich bestreite nicht, dass die Tierproduktindustrie eine Industrie des Leides ist, aber es reicht als Argument für Veganismus „für dieses Nahrungsmittel wurde ein Tier getötet, obwohl es heute und hier mehr als genug Alternativen gäbe, die es möglich machen, lecker und gesund zu leben, ohne, dass man dafür jemandem das Leben nehmen muss“. Egal wie toll eine Biohaltung usw auch sein mag, diese Tiere sterben genauso einen unnötigen Tod, und indem man gar nicht erst auf den Zug mit „qualvoll und schrecklich“ aufspringt, nimmt man dem Gegenüber die Möglichkeit zu sagen „Ich kauf doch nur Bio, das ist von glücklichen Tieren!“, denn egal wie „Bio“ und „Öko“ und „Freiland“ ein Produkt auch ist, tot ist das Tier dafür trotzdem. Das überzüchtete Huhn stirbt trotzdem einen frühzeitigen Tod, weil sein Körper von der hohen Legeleistung überfordert ist und seine „Leistung“ früher oder später nachlassen muss, womit es für den Tierhalter mehr Kosten verursacht, die er schließlich nicht mehr decken kann. Auch die Milchkuh und ihr Kalb finden kein friedliches Ende, denn irgendwann sind sie einfach nicht mehr rentabel genug, um sie weiter durchzufüttern.


Ich stimme deinem Beitrag daher ziemlich zu, @Kilian.

Benutzerbild von Sunjo
vegan2.967 PostsweiblichLinzLevel 4Supporter
29.04.2023
Wie es auch gehen kann (Comic von Lunarbaboon, es geht um Überlegungen bei dem Anblick von Mutterkuh mit Kalb):

https://tinyview.com/lunarbaboon/2023/04/29/mooved

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