Zitat Arthemisia:
Grundsätzlich ist gegen Palmöl an sich nicht einzuwenden.
Es enthält viele gesunde Inhaltsstoffe, die biochemischen und physikalischen Eigenschaften ermöglichen viele Anwendungsgebiete, für die es kaum andere pflanzlichen Alternativen gibt. Der Ertrag (also Liter Öl pro Hektar Anbaufläche) ist sehr hoch, die Pflege der Palmen relativ gering, und ermöglicht so vielen Kleinbauern, mit wenig Land trotzdem ein verhältnismäßig hohes Einkommen zu erzielen.
... ABER ... das Palmöl, das in den meisten Produkten enthalten ist, kommt nicht von Kleinbauern, sondern von riesigen Plantagen, für die kilometerweit Regenwald abgeholzt wird, und die mit riesigen Mengen bewässert und gedüngt werden müssen bzw. mit Pestiziden behandelt, usw.
Beim Kauf von biozertifiziertem Palmöl mit Fairtrade-Siegel braucht man (oft, leider nicht immer) kein schlechtes Gewissen zu haben, allerdings sollte man auf entsprechenden Seiten bzw beim Hersteller nachfragen, aus welchem Anbau das Palmöl tatsächlich kommt. Nicht jeder Hersteller hält sich bei seinen Siegeln an seine eigenen Selbstverpflichtungen.
Vorab:
Ich schreibe immer furchtbar lange aber gut strukturierte Texte. Ich entschuldige mich schonmal von vornherein für das lange Gesabbel.
Ich habe Zeit meines Studiums 2 Jahre zum Thema Palmölanbau geforscht und könnte hier auch etwas detaillierter das Thema Palmöl diskutieren, aber hier geht es ja erstmal um die Vermeidung. Trotzdem: Einen wichtigen Input möchte ich da noch geben, denn das war einer meiner Denkfehler, der mir erst bewusst wurde, als ich mich wissenschaftlich damit befasst habe. Denn das Problem mit Palmöl hängt nicht nur mit den Bedingungen für Produzenten, Umwelt und Ökologie zusammen. Die Verarbeitung und Aufbereitung stellen einen eigenen Problembereich dar, den man nicht außer acht lassen sollte was die eigene Gesundheit angeht.
Betrachtet man das Reinprodukt ist Palmöl grob gesagt genau wie du es sagst eine mehr oder weniger normale Fettsäure mit Nährstoffen und einem relativ bescheidenen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Kleiner Vgl:
Palmöl
Sonnenblumenöl
Rapsöl
Σ gesättigte Fettsäuren
83 %
8 %
6 %
Σ einfach ungesättigte Fettsäuren
15%
27%
66 %
Σ mehrfach ungesättigte Fettsäuren
2 %
65%
27 %
Diese Fettsäure wird i.d.R. aber nicht als Reinprodukt konsumiert, sondern der Rohstoff wird in industriellen Anlagen aufbereitet, raffiniert und als Grundstoff für weitere Produkte verwendet und hier passiert etwas was erst einige Jahre später auffiel:
Palmöl reichert sich in diesen Aufbereitungsprozessen mit enormen Mengen von Glycidol an - mehr als alle anderen Industriefette. Warum das so ist muss an der Stelle leider ein Lebensmittelchemiker und Verfahrenstechniker erklären. Diese komplexen chemischen Prozesse entziehen sich meiner Sachkenntnis.
Mir persönlich wären keine Palmölplantagen oder ökologische Zusammenschlüsse in den Produktionsländern bekannt, die ohne Raffinerie auskämen. In der Praxis wird evtl. Fairtrade und Bio/Öko angebaut, aber da auch der Kleinbauer sein Palmfett nicht selbst aufbereiten kann wird das vor Ort in den gleichen Anlagen gemacht, in denen jedes andere Palmfett auch aufbereitet wird. Es existieren zumindest keine separaten Aufbereitungsanlagen für Fairtrade/Ökoproduktion vor Ort.
(Anbei: Mir sind in meiner Forschungsarbeit keine solchen Kleinbauern in Indonesien, Thailand oder Brasilien bekannt, die nicht auf industrielle Aufbereitung angewiesen wären. Hast du dazu evtl. Quellen oder Berichte, die keine Selbstdarstellung des Produktanbieters ist?)
Letztlich dürfte es schwer werden Palmöl zu bekommen, dass rein von Hand aufbereitet wurde, nie eine Raffinerie von innen gesehen hat und bei dem ökologische und gesundheitliche Standards im Vordergrund stehen - außer man macht sich die Mühe selbst. Der Händler hat i.d.R. nicht soviel Einsicht in die Aufbereitung der Rohstoffe, die in seinem Produkt zum Einsatz kam.
Selbst Palmöl herzustellen steht für mich in den Punkten Zeit/Kosten/Nutzen aber in keiner Relation, die ich für sinnvoll erachte. Zwar ist die Ölpalme ertragsreich, aber für das bisschen Fett stecke ich die Energie lieber in meine Kohlgärten. Aber wem es die Arbeit wert ist nur zu.
Ich halte niemanden davon ab.
Fazit: Es ist durchaus möglich Ölpalmen nach Fairtrade anzubauen etc., jedoch wird das gewonnene Palmfett danach genauso industriell aufbereitet wie jedes andere Fett und in diesem Prozess reichert es einen hochgradig gentoxischen und karzinogenen Stoff an, den ich persönlich nicht in meinem Körper haben will.
Fairtrade war und ist ein gute und sinnvolle Startinitiative zu den Themen Konsumkritik und Ökologische Nachhaltigkeit. Es fehlt sozusagen jetzt noch eine Art "Fair Use" Siegel, das gewährleistet, dass das Produkt nicht nur fair angebaut wurde, sondern auch fair weiterbenutzt wurde. Sozusagen das Bindeglied zwischen Fairtrade - Fair Use - Recycling. Dann schließt sich der Kreis. So Fairstehe ich das jedenfalls.
Wie kann man nun Palmöl umgehen?
Jedes Produkt prüfen und möglichst keine Fertigprodukte oder Industrienahrung konsumieren. Aber da werden sehr viele Produkte auffallen die dann wegfallen, denn Palmöl ist gefühlt in jedem dritten/vierten Produkt enthalten.
Soweit es geht selbst "Qualitätskontrolle" betreiben - sprich den Weg des Produktes soweit es möglich ist zurückverfolgen.
Und ich empfehle wirklich jedem einfach eurem Hersteller der Wunsches zu schreiben und Korrespondenz zu suchen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade kleinere oder neuere Händler sehr dankbar sind, wenn Kunden ihnen Anreize für ein innovatives Produktangebot geben. Für den Händler gilt stets Angebot/Nachfrage.
Ich bedanke mich ganz herzlich für die Mühe des Lesens