# Comming out
Meine Frau hat mich sofort bei meinem Versuch, mich zukünftig vegan zu ernähren, unterstützt. Überwiegend macht sie am Wochenende beim Mittagessen mit und bringt mir allerlei leckere Sachen mit, wenn sie mal einkaufen geht.
Bei dem Rest meiner Umwelt habe ich eher schlechtere Erfahrungen gemacht:
# Meine Arbeitskollegen
Bei meinen Arbeitskollegen wurde ich eher nicht ernst genommen. Zum Teil konnten Sie mit dem Begriff vegan nicht anfangen, zum Teil machten sie mir deutlich, dass sie meinen Versuch mehr als überzogen fanden. Was solle denn als nächstes kommen? Frutarier? Meine - zu diesem Zeitpunkt mehr als unvorbereitete - Ausführungen zu meinen Beweggründe halfen da auch nicht weiter. Ich dachte zunächst mal: "Hättest Du mal die Klappe gehalten."
# Meine Eltern
Meine Eltern - insbesondere meine Mutter - belächelten mich nur. "Die Phase geht auch vorbei". Reizend. Als wäre ich ein pubertierender in einer seiner Versuchsphasen.
# Meine Schwiegereltern
Ganz schwierig. Bei meinen Schwiegereltern lernte ich, dass Essen nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch der Mittelpunkt des sozialen Miteinanders sein kann. Ich war immer berühmt dafür, dass ich immer alles mochte, was die Schwiegermama kochte. Meine Frau sagte schon bei meiner ersten Begegnung mit meiner Schwiegermutter: "Wenn sie fragt, ob Du etwas essen möchtest, sag ja". Und siehe da, die Schwiegermama mochte mich. Der Trick wirkt leider auch anders herum. Aktuell bin ich etwas unbeliebt, weil ich ja jetzt gar nichts mehr esse. Seltsame Interpretation von "vegan".
# Mein bester Freund
Hart getroffen hat mich die Reaktion von meinem besten Freund. Er fühlte sich geradewegs beleidigt. Mein Mitgefühl für Tiere schien für ihn ein Vorwurf zu sein, sich nicht um das Wohl der Tiere zu scheren. Dummerweise nahm ich auch noch den Begriff "Fleischesser" im den Mund. Schon explodierte er. Wie ich mich den schon nach den paar Tagen, zu den Veganern zählen könne. Meine Versuche klar zu machen, dass mir nichts an dem Titel, sondern mehr an der Lebensweise und insbesondere an der Ernährungsweise liegen würde, wurden nicht gehört. Danach fuhr ich besser, wenn ich das Thema nicht mehr anschnitt. Im Nachgang viel mir auf, dass ich auf die Standardphrasen andere Menschen, nicht die passende Antwort hatte und deren Vorurteile nicht mit Fachwissen kontern konnte. Das werde ich in Zukunft ändern.
# Meine Band (inkl. bester Freund)
In meiner Band (inkl. meinem besten Freund) hatte ich zumindest einen Mitstreiter. Carsten ist schon seit einigen Jahren Veganer und feierte meine Entscheidung entsprechen. Mein Freund empfand das aber als doppelte Zumutung. Anscheinend habe ich da einen Nerv getroffen. Hoffentlich den richtigen und er fängt an nachzudenken
# Nachtrag
Es wird besser. Ich schreie meine neue Ernährungsweise nicht mehr so laut in die Welt hinaus und kann mit etwas Übung etwas besser kontern und meine Beweggründe besser erklären. Mittlerweile spüre ich auch die vielen positiven Wirkungen einer veganen Ernährung und bin daher um so sicherer, das Richtige getan zu haben.
Ach, und meine beiden Kinder (1 und 4) haben es - glaube ich - noch gar nicht bemerkt.