Hallo Sansibar,
oh weia, dass kommt mir leider alles sehr bekannt vor. Mir geht es leider ähnlich wie dir. Ich bin auch verheiratet und habe drei Kinder mit meiner Frau.
Letztes Jahr im November wurde ich aus ethischen Gründen vegetarisch. Alles was ich bekam, waren Lacher und Kopfschütteln.
"Das hältst du sowieso nicht durch!" - war die anfängliche Aussage. Die Stimmung war zwar auch schon schlechter, aber noch einigermaßen erträglich. Schließlich sollte es (meiner Frau nach) ja nur eine
"Phase" sein. Die Wochen vergingen und ich beschloss (nachdem ich auch sehr viel gelesen und gesehen habe) Mitte Januar, dass ich vegan werde. Nun hieß es schon
"Midlife-Crisis" und Anfangs gab es sehr sehr viel Streit. Mittlerweile gibt es in der Woche wegen meiner Ernährung "nur noch" etwa zwei Streits.
Leider ist meine Frau deinem Mann wohl sehr ähnlich wenn gestritten wird. Sie wird laut, beleidigend und verletztend. Mich verletzt das auch sehr aber ich habe ihr gesagt, dass ich zu 100% nicht mehr omnivor werde. Das Allerhöchste der Gefühle wäre vielleicht mal eine Ausnahme wenn sie einen Kuchen backt und ich eben ein Stück davon esse. Sie sieht es ebenso wie dein Mann. Veganismus ist extrem, absolut schädlich und eine Mangelernährung zu 100% gewiss. Wenn ich ihr die Fakten präsentiere um mich zu verteidigen ist das alles nur
"vegane Propaganda" und
Übertreibung. Und außerdem bin ich ein Heuchler. Ich benutze ja immer noch ein Auto und zur Bestäubung meines Essens werden ja auch Bienen ausgenutzt, usw...
Sie sagt, mit meinem
"Veganscheiß" zerstöre ich die Familie. Vor allem hat sie auch Angst, dass unsere Kinder IHR Essen irgendwann nicht mehr und auch lieber vegan leben wollen bzw. MEIN Essen essen wollen. Und überall kann man ja lesen, dass Veganismus für Kinder sogar lebensgefährlich werden kann.
Ich habe am Anfang noch einen Fehler gemacht, bitte wiederhole ihn nicht. Ich sagte ihr, dass sie gerne mit einem Arzt telefonieren kann. Der wird ihr schon erklären, dass Veganismus gar nicht so schädlich ist wie sie das gelesen hat. Ein Arzt wirds schon wissen.... Bööööhser Fehler. Meine Frau rief postwendend bei ihrer Hausärztin an, die leider extrem kontra vegan eingestellt war. Über Lautsprecher durfte ich zuhören als sie sagten "
wenn ihr Mann seine Gesundheit komplett ruinieren will kann er gerne vegan leben, aber bei seinen Kindern ist das unverantwortlich und grenzt an Körperverletzung!". - Schuß ins Knie
Tja, was soll ich sagen. Sie war schon soweit sich eine Wohnung zu suchen, hat es dann aber doch nochmal versucht damit klarzukommen. Und wir streiten uns heute nicht mehr so oft wie am Anfang. Allerdings auch nur, weil sie diverse Regeln aufgestellt hat die ich einzuhalten habe.
1. Wenn es Essen gibt, darf ich zwar dabei sitzen, aber mein Essen darf ich erst später machen wenn alle fertig sind.
2. Wenn meine Frau nicht da ist und ich ein veganes Essen mache, habe ich immer eine Alternative für die Kinder hinzustellen (z.B. mache ich Gemüsebratlinge muss ich auch Fleischküchle machen. Oder Hackfleisch anstatt Sojagranulat, etc.)
3. Kala Namak darf ich nur noch in der Arbeit essen (sie mag den Geruch nicht).
4. Die Kinder dürfen niemals nicht etwas veganes essen oder probieren (Könnte ja gut schmecken
) - ausgenommen sind natürlich Sachen die sie vorher auch gegessen haben wie z.B. Pommes
Das hört sich für viele hier wahrscheinlich anstrengend an. Ist es auch, aber wesentlich entspannter als den halben Abend damit zu verbringen mit meiner Frau zu streiten... Also mache ich erst mal mit.
Ach, was mir noch einfällt:
Ich habe als es ausgeufert ist meiner Frau eine Paartherapie nahegelegt. Wir gingen dort also hin und gleich bei der ersten Sitzung taten sich bei ihr diverse Baustellen auf, die ursächlich für ihre Stimmungsschwankungen und aggressive Haltung sein könnten. Momentan ist es so, dass meine Frau also alleine dorthin geht und daran arbeitet. Alle zwei Sitzungen wird dann eine Paarsitzung. Bisher war ich also erst einmal dort.
Ich habe aber durchaus eine positive Meinung mitnehmen können. Alleine schon, dass man jemand erfahrenen und absolut neutralen "dazwischen" stehen hat, bringt immens viel. Ich weiß ja nicht wie es bei dir ist wenn ihr Streit habt, aber meine Frau verliert relativ schnell die Kontrolle, wird laut und driftet von einer sachlichen Diskussion in eine vorwurfsschleudernde Schreiorgie ab. Wenn ich den Ansatz dazu erkenne, breche ich da meistens schon das Gespräch ab, was aber leider dazu führt, dass eben nichts geklärt wird. Das ist natürlich mit dem neutralen Schiedsrichter deutlich besser.