Hallo Berlinerin,
dass du Attila Hildmann nicht leiden magst, ist aus deinen Beiträgen deutlich zu lesen. Das ist weder schade noch gut, sondern einfach deine Meinung. Die ist genauso streitbar, wie die Meinung eines jeden einselnen von uns. Da dieses Forum ja auch für Diskussionen gedacht ist, möchte ich gerne einige Aussagen von dir kommentieren, einige (absichtlich offene) Fragen stellen und in Teilen auch meine Meinung widergeben.
Zitat Berlinerin:
Herr Hildmann, der auf sein Leder im Porsche nicht verzichten will, soll mit so einer schwachsinnigen "Challenge" eine positive PR für das vegane Leben erzielen? Das bezweifel ich stark.
Stimmt nicht: Attila Hildmann hat das Leder längst aus seinem Prosche ausbauen lassen; zumindest da, wo es der Hersteller getan hat (gut 80%). Ich finde das ehrlich gesagt sogar weniger sinnvoll: denn das Leder existierte bereits... und jetzt? Liegt es wahrscheinlich auf dem Müll und zusätzlich wurde etwas neues, nämlich Kunstleder, produziert. Mehr Ressourcenverbraucht auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen.
Zitat Berlinerin:
Und obendrauf noch mit seinem üblen Ton gegenüber seinen Kritikern: "Kackbratzen"? Ernsthaft? Da wünsch ich mir wirklich einen besseren, vernünftigeren, charmanteren, smarteren "Helden" der veganen Szene - hey, wie wär's mit Mahi Klosterhafen? Oder gleich mal ne Frau, die auch vegane Kochbücher erstellt und ein veganes Unternehmen in Berlin gegründet hat: Nicole Just!
Im Ton hat sich sicherlich jeder von uns schon mal vergriffen - und da nehme ich mich nicht aus. Gerade bei emotionalen Themen (und das vegane Thema ist definitiv eins, wie man so oft beobachten kann) reagiert man schnell emotional aus dem Affekt heraus... und dann kommt so etwas dabei heraus. Zusätzlich kommt er ja - wenn ich richtig informiert bin - aus einem eher sozial schwächeren Milleu, da redet man nun mal eher so. Ich würde hier nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Und nein, er ist nicht der "Held der veganen Szene" - sondern einfach ein Veganer. Punkt. Und ja, er hat mit seiner Art und Weise wohl das geschafft, was die vegane Bewegung in der Vergangenheit nie gelungen ist: Vegan in der Gesellschaft zu etablieren, ja überhaupt über das Nischendasein hinaus bekannt zu machen. Er hat es geschafft, in einem Land voller Fleischesser und mit einer großen Fleischkultur über 1 Millionen vegane Kochbücher zu verkaufen - das war vorher undenkbar.
Nein, man muss ihn und seine Art und Weise nicht mögen. Niedermachen sollte man ihn deswegen jedoch auch nicht. Er erreicht viele Menschen auf seine ganz eigene Art und Weise und hier gilt für mich: jedes nicht gegessene Tier ist ein Gewinn.
Zitat Berlinerin:
Ich lehne dieses krasse, inkonsequente Auftreten von Herrn Hildmann vollständig ab. Als Veganer hat man doch ein Credo: das Wohlergehen anderer Kreaturen - wie kann man sich dann solch einen Schwachsinn als Eigenwerbung ausdenken und damit anderen übel (im wahrsten Sinne) mitspielen?
Dass du das "krasse, inkonsequente Auftreten" ablehnst, ist selbstverständlich völlig in Ordnung. Nein, nicht alle Veganer haben das gleiche, von dir genannte Credo. Das ist eine Unterstellung, die sich schon lange hält. Gerade Attila hat sehr viel mehr über gesundheitliche Aspekte Menschen von der veganen Ernährung überzeugt als über das Wohlergehen von Mitlebewesen (ich mag das Wort Kreaturen nicht so, ist aber meine persönliche Sache). Die Argumentation zum Wohlergehen der Mitlebewesen hat er erst später mit aufgenommen. Beides zusammen ist sicherlich eine gute Mischung.
Appropos inkonsequent: Zahlst du Steuern? Ich gehe mal davon aus. Dann lebst du ebenso inkonsequent, denn durch deine Steuern werden über Subventionen weiter unter anderem Massentierhaltungsbetriebe sanktioniert. Und wenn du Plfanzenmilch kaufst (19% Mehrwertsteuersatz) dann subventionierst du das über deinen Steueranteil sogar noch stärker als über Kuhmilch (7%).
Nein, ein komplett veganes Leben ist aktuell noch nicht möglich.
Ich sehe das so: Jeder, der sich auf den Weg gemacht hat und sein eigenes Verhalten reflektiert und ändert, ist ein Gewinn für die Tiere. Wie weit und wie schnell jeder seinen eigenen Weg geht, muss jedem selbst überlassen sein. Es steht niemandem zu, das zu bewerten.
Zitat Berlinerin:
Außerdem bin ich der Meinung, dass es eben nicht nur die Sache der Leute selber ist, die eine Mutprobe machen: Wenn zu absehbarem Risiko einer idiotischen Handlung (hier sogar das Verführen dazu) das Rufen einer Ambulanz gehört, dann geht es die Gesellschaft definitiv was an, denn diese Sanitäter fehlen dann im Einsatz bei Jemandem, der gerade nicht mutwillig seine Gesundheit riskiert hat. Der umgehauene Student betonte wohl sogar, dass er nie wollte, dass eine Ambulanz gerufen wird. Also war das sogar auch Herr Hildmanns PR-Gier zuzuordnen.
Dieser Logik zu Folge dürfte als auch niemand mehr auf Bergen klettern (könnte ja auch sein, dass er von irgendjemandem dazu verführt wurde, Werbung, Film etc.), denn das absehbare Risiko ist ja dann doch realtiv hoch. Hat ein Kletter-Anfänger, der sich selbst etwas überschätzt hat und nicht auf die Warnung vom Kletterausrüstungs-Hersteller gehört hat, mutwillig seine Gesundheit riskiert?
Konnte der Burger-Esser im Laden selbst einschätzen, ob die Notwendigkeit eines Rettungsdienstes gegeben ist? Immerhin war er wohl ohnmächtig.
Ist es für einen Restaurantbetreiber nicht definitiv der sicherere Weg, einen Rettungswagen zu rufen als am nächsten Tag in der Zeitung zu lesen, dass er nun wegen unterlassener Hilfeleistung sich öffentlich verantworten muss?
Ich denke wir alle wissen viel zu wenig über diesen Fall, um ihn wirklich beurteilen zu können.
Zitat Berlinerin:
Desweiteren hat die Hirnforschung herausgefunden, warum junge Menschen so idiotische Mutproben machen: ihr Gehirn befindet sich in einer zweiten Umstrukturierung - Synapsen werden abgeschnitten, sodass ihnen unmöglich ist, vollständig die Konsequenzen ihres Handelns zu überblicken und das Risiko realistisch einzuschätzen. Wenn Herr Hildmann nun betont, er würde immer vor dem Verzehr dieses Burgers warnen: Bullshit, denn er macht ja das Angebot - die Warnung kann so manch einer gar nicht vernünftig in Relation setzen.
Und wie lautet die Konsequenz aus dieser Hirnforschung? Nur Menschen über 30 oder 40 Jahren dürfen den Burger essen, weil sie es selbst einschätzen können?
Ich denke wir finden genug Beispiele, wo sich Menschen auch im Alter noch über- oder unterschätzen - man denke nur an ältere autofahrende Menschen.
Jeder Mensch spricht auf etwas anderes an. Man kann in der Fußgängerzone einen Infostand über vegane Fakten machen, zwei Straßen weiteren einen Flashmob mit (kunst-)blutverschierten Tierrechtsaktivisten und wieder zwei Straßen weiter eine Verköstigung veganer Produkte. Der eine bleibt beim Flashmob stehen und ist begeistert, der nächste denkst sich: "so ein Quatsch, die Spinnen alle" und lässt sich dafür vom veganen Probeessen beeindrucken. Wir sind alle Individuen und sprechen auf unterschiedliche Dinge an. Respektieren wir das und nutzen wir das Potential darin. Gemeinsam sind wir stark: mit einem Atilla genauso wie mit den vielen anderen großen und kleinen.